Menschenwürde auch für Flüchtlinge?!

Im März dieses Jahres hatten die Grüne Fraktion Svenja Haberecht und Johanna Gramlich, Mitarbeiterinnen der Flüchtlingshilfe Lippe e.V., zu Gast. Beide waren bis Ende Februar in der Zentralen Unterbringungseinrichtung (ZUE) in Oerlinghausen tätig. Ihre Aufgabe dort war es, Flüchtlingen bei Asylverfahren zu beraten sowie deren Beschwerden, die das Leben in der Einrichtung betreffen, entgegenzunehmen und zu klären.

Bei ihrer Arbeit haben beide viel erfahren über das Leben der Bewohner der ZUE. Leider waren das vor allem negative Dinge, wie sie uns schilderten.
Insbesondere klagten die Bewohner über mangelnde Hygiene und Sauberkeit, wenig schmackhaftes Essen, unbefriedigende medizinische Versorgung, schlechte Versorgung mit angemessener Kleidung sowie grundsätzlich viel Langeweile, aufgrund fehlender Tagesstrukturen und Freizeitmöglichkeiten. Zudem mangele es an Dolmetschern und die vor allem nachts durchgeführten Abschiebungen seien eine extreme psychische Belastung für Alle. In dieser Stellungnahme der Flüchtlingshilfe e.V. sind ihre Kritikpunkte konkret dargestellt.

Frau Haberecht und Frau Gramlich machten klar, dass bei ihnen der Eindruck entstanden sei, dass Kostenersparnis an erster Stelle steht bei der Betreuung der Geflüchteten. So würden beispielsweise notwendige medizinische Untersuchungen solange hinausgezögert, bis die betreffenden Personen wieder in ihre Heimatländer abgeschoben würden.

Frau Haberecht berichtete weiterhin, dass sie ihre Beschwerden über die unangemessenen Lebensumstände in der ZUE sowohl an die Landesregierung als auch an die zuständige Bezirksregierung weitergeleitet haben. Leider hätte sich niemand verantwortlich gezeigt – ihre Beschwerden seien immer nur weitergereicht worden. Als sie mit ihrer Kritik an die Öffentlichkeit gingen, erhielten beide ein Arbeitsverbot in der Einrichtung – die Flüchtlingshilfe entschied sich daraufhin, die Arbeit in der ZUE komplett einzustellen.

Da von außen kein realistischer Blick auf die Lebensverhältnisse in der Einrichtung geworfen werden kann, haben wir zunächst versucht über eine Anfrage an die Verwaltung herauszufinden, inwieweit die Schilderungen der beiden Mitarbeiterinnen der Wahrheit entsprechen. Da es sich um eine Landeseinrichtung handelt, reichte die Stadtverwaltung unsere Anfrage an die Bezirksregierung weiter, deren Antwort hier zu lesen ist.

Svenja Haberecht hat ihrerseits nochmals in einem Interview mit der taz vom 07.05.2018 auf die Umstände in der Einrichtung aufmerksam gemacht.

Die Grüne Landtatsabgeordnete Berivan Aymaz, Sprecherin für Flüchtlingspolitik, stellte daraufhin im Integrationsausschuss am 09. Mai eine Dringliche Anfrage. Sie bezieht sich darin auf das in der taz veröffentlichte Interview und die darin angeführten kritischen Punkte und erfragt insbesondere inwieweit vulnerable, also besonders verletzliche Personen in der ZUE adäquat untergebracht werden. Die Antwort erfolgte am 30. Mai und ist hier nachzulesen.

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Auch Flüchtlinge ohne Bleibeperspektive haben ein Recht auf angemessene Behandlung, während sie sich in Deutschland befinden. Dazu gehört neben einer sauberen Unterkunft, vernünftigem Essen und angemessener Kleidung natürlich auch eine grundlegende medizinische Versorgung. Das ist ein Gebot der Menschlichkeit. Ein respektvoll zugewandter Umgang und Beschäftigungsmöglichkeiten helfen den Flüchtlingen ebenfalls dabei, ihre Menschlichkeit und Würde zu wahren.

Die Bürgerinitiative „Gastfreundschaft“ hat gezeigt wie das gut funktionieren kann – mit Kaffee, Kuchen und Spielen für die Kinder hat sie den Bewohnern einen schönen Nachmittag geschaffen und auch für Kontakt mit hiesigen Spaziergängern gesorgt. (siehe diesen Bericht der Neuen Westfälischen hierzu)

Was Bürger können, sollte doch auch der Träger einer Landesunterbringung fertigbringen …

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